Ulrike Buhl

Sie sehen wie Wolken, Blasen oder Rauch aus und wirken ungeheuerlich schwungvoll: Die Skulpturen und Plastiken von Ulrike Buhl machen abstrakte, physische Kräfte sichtbar und vereinen formelle Widersprüche auf meisterlicher Art.

Trotz seiner hohen Künstlichkeit, besteht Implosion 1 aus biomorphen Volumen, also aus weichen, abgerundeten Partien, die organisch ineinander fließen. Manche Bereiche der Plastik wirken eher flüssig, andere gasartig, und immer stellt sich das Gefühl einer plötzlich unterbrochenen Entwicklung ein. Die Bildhauerin friert eine sich chaotisch in den Raum ausdehnende Masse ein, als ob sie dessen natürlichen Prozess stoppen könnte. Wir erleben die Entstehung der Form als Ergebnis von Krafteinwirkungen, die, wie es scheint, im Augenblick ihrer Betrachtung immer noch operieren.

Was hier vor allem sichtbar wird, ist nichts weniger als die Balance zwischen Kraft und Form. Kraft und Form prägen das Erscheinungsbild aller Dinge und stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander. Ein energetisches Ereignis, wie zum Beispiel der Aufbruch eines Vulkans oder das Anschwellen eines Muskels entfaltet zunächst eine Kraft, die sich dann als Form in den Raum einschreibt. Form und Kraft sind also die zwei Prinzipien, die in Ulrike Buhls Kunst vereint werden.

Die Bildhauerin experimentiert darüber hinaus mit unterschiedlichen, teilweise hochkomplexen und technoiden Materialien. Sie achtet nicht nur auf die Dynamik ihrer Gebilde, sondern sucht immer wieder neue, erstaunliche Oberflächenstrukturen. Sie bewegt sich selbst auf einem dünnen Seil. Jede Entscheidung, jede Geste, jedes Material, jede Form entsteht in einem Gleichgewicht zwischen Bewegung und Stille, zwischen Zufall und Steuerung
- und zwischen Kraft und Form.
(Dr. Emmanuel Mir, Düsseldorf)